
Bullyfahrer
Geschätze Lesezeit: 5 Minuten
19.10.2024
Päscu Hallauer ist Pistenfahrzeugführer und Teamleiter im Snowpark auf Grindelwald First. Im Interview gibt er spannende Einblicke in den Alltag eines Bullyfahrers.
Stell dich doch kurz vor, damit unsere Leserinnen und Leser einen Eindruck davon bekommen, wie ein Bullyfahrer so
tickt.
Hallo zusammen, mein Name ist Hallauer Päscu. Ich bin 31 Jahre alt und arbeite als Teamleiter im Snowpark Grindelwald
First. Seit etwa 10 Jahren baue ich jetzt Snowparks, und es ist nach wie vor meine grosse Leidenschaft, solche Parks zu
gestalten. Tagsüber findet ihr mich oft auf Skiern, sei es im Park oder im POW – wenn es welchen gibt… (lacht). Nachts bin
ich in der Maschine auf dem Berg anzutreffen.
Wie bist du eigentlich zum Bullyfahren gekommen, und warum ausgerechnet nach Grindelwald?
Für mich waren die grossen Raupenmaschinen schon als Kind, wenn wir auf der Skipiste waren, faszinierend. Sobald eine
auftauchte, konnte ich meine Augen nicht davon lassen. Als ich älter wurde, machte ich eine Lehre als Zimmermann, aber
die Faszination für Pistenfahrzeuge blieb bestehen. Irgendwann beschloss ich, meinen Traum vom Pistenbullyfahrer zu
verwirklichen. Nach einigen Bewerbungen fand ich schliesslich eine Stelle in Saas-Fee, wo ich auf der Piste arbeiten
konnte. Mein Traum war es jedoch immer, Snowparks zu bauen, da ich selbst leidenschaftlicher Parkfahrer bin. Da ich
früher oft in Grindelwald Ski gefahren bin und das Parkteam dort gut kannte, ergab sich schliesslich zufällig die
Möglichkeit, dem Team beizutreten.
Erinnerst du dich noch an deine erste Fahrt in einem Pistenbully?
Ja, definitiv. Da ich nicht direkt in den Bergen aufgewachsen bin, kannte ich keine Pistenfahrzeugfahrer persönlich. Daher
konnte ich erst das erste Mal mitfahren, als ich mich um einen Job bewarb. Damals durfte ich mit einem langjährigen
Fahrer in Grindelwald eine Nacht lang mitfahren, und heute arbeite ich mit ihm zusammen.
Seit wie vielen Saisons fährst du denn schon Pistenbully, und wie lange hat es gedauert, bis du das erste Mal im Park
einen Bully gefahren bist?
Ich fahre seit 12 Saisons Pistenbully. Das erste Mal im Park durfte ich sogar schon im ersten Winter aushelfen. Aber um
wirklich sicher mit der Maschine umgehen zu können, dauert es mindestens 2-3 Saisons. Deshalb ist es auch schwieriger,
direkt im Park mit dem Fahren zu beginnen, wo überall Rails stehen.
Brauchst du eine spezielle Lizenz, um einen Pistenbully zu fahren?
Ja, zwingend erforderlich ist der Führerausweis der Kategorie F (Traktor). Natürlich ist auch der normale Führerausweis
der Kategorie B gültig. Zusätzlich muss innerhalb des zweiten Wintereinsatzes ein Kurs oder eine Prüfung absolviert
werden, die von der SBS (SeilbahnenSchweiz) durchgeführt wird.
Gibt es einen Unterschied zwischen einem Pistenbully im Park und einem Pistenbully auf der Piste, und wenn ja,
welcher?
Ja, es gibt definitiv Unterschiede. Bei einem Pistenfahrzeug, das auf der Piste eingesetzt wird, kann das Schild und die
Fräse weniger hoch gehoben oder gesenkt werden. Die Parkmaschine hebt das Schild auch im Radius, während die
Pistenmaschine das Schild parallel anhebt. Das klingt vielleicht kompliziert, ergibt aber Sinn, wenn man bedenkt, dass im
Park bei den Absprüngen und Landungen überall Radien vorhanden sind.
Das tönt tatsächlich komplizierter als gedacht.Wie sieht denn dein typischer Tagesablauf aus?
Unsere Arbeit ist stark vom Wetter abhängig. An Tagen mit schönem Wetter, also ohne nächtliche Niederschläge, bereiten
wir die Pisten nachts vor. Wenn jedoch Schneefall in der Nacht erwartet wird, beginnen wir frühmorgens gegen etwa 3 Uhr,
damit die Pisten und der Park gut präpariert sind und kein frischer Schnee liegt.
An schönen Tagen gehe ich oft vor der Arbeit ein paar Stunden lang im Park fahren. Das hilft mir, festzustellen, welche
Elemente Spass machen und wo eventuelle Anpassungen erforderlich sind. Wenn die Pistenbullys eintreffen, sind die
Park-Shaper noch bei der Arbeit und frischen alles für den nächsten Tag auf. Abhängig von den Arbeiten, die in
Zusammenarbeit mit den Shapern durchgeführt werden müssen, beginnen wir dann mit der Präparierung. Sobald alles
fertig ist, tanken wir die Fahrzeuge auf, und dann geht es in der Regel auf Skiern in den Feierabend. Je nachdem gibt es
vielleicht noch ein Feierabendbier, oder ich gehe nach Hause und ab ins Bett.
Und wann endet deine Schicht normalerweise, und wie fühlt es sich an, wenn du nachts alleine im Pistenbully auf dem
Berg bist?
Normalerweise arbeiten wir 9 Stunden, aber die Schichtzeiten können je nach Bedarf variieren. Zum Beispiel, wenn mitten
in der Nacht ein Fahrzeug ausfällt. Wenn möglich, reparieren wir es nachts selbst, um am nächsten Tag keine defekte
Maschine auf der Piste oder im Park zu haben. Das kann manchmal bedeuten, dass die Schicht länger dauert, da alles für
die Gäste am nächsten Tag präpariert werden muss. Wir verschieben keine Aufgaben auf den nächsten Tag – das
funktioniert in unserem Job nicht.
Wenn es Abend wird und die Sonne untergeht, wird dir klar, dass der Berg fast dir gehört. Die wunderschönen
Sonnenuntergänge sind übrigens ein Bonus. Ich finde es grossartig, nachts in der dunklen Stille zu arbeiten, es hat etwas
sehr Friedliches und Entschleunigendes im Vergleich zum Tag. Ich geniesse es wirklich sehr.
Da beneiden wir dich! Solche Abende in den Bergen müssen fantastisch sein.
Kommunizierst du eigentlich mit dem Shaper-Team, wenn du im Pistenbully sitzt? Besprecht ihr alles im Voraus, oder
habt ihr Funkgeräte oder andere Kommunikationsmittel?
Wenn wir etwas im Park umbauen, besprechen wir es normalerweise vor Ort, direkt vor der Arbeit. So weiss jeder Bescheid
und kennt den Plan. Ansonsten steigen wir aus, wenn es etwas zu besprechen gibt. Handys und Funkgeräte sind natürlich
auch nützliche Hilfsmittel.
Und welche Werkzeuge und Ausrüstung benötigst du neben dem Pistenbully noch?
Im Park benötigen wir viele Werkzeuge, angefangen bei den Shapertools, Schaufeln, Abstech-Tools, bis hin zu
Handwerkzeugen wie Gabelschlüsseln und Ratschen, um Rails zu montieren. Wir verwenden auch Motorsägen. Als
Pistenbullyfahrer arbeiten wir manchmal in der Werkstatt, um Maschinen zu warten oder leider auch zu reparieren. Wenn
möglich, machen wir das in der Werkstatt und nicht um Mitternacht bei minus 10 Grad und Sturm auf 2500 Metern Höhe.
Was war bisher deine grösste Herausforderung als Pistenbullyfahrer, an die du dich erinnern kannst?
Herausforderungen gibt es immer wieder. In den letzten Wintern hatten alle Skigebiete mit wenig Schnee zu kämpfen, um
ein gutes Angebot für die Gäste zu haben. Aber auch das Gegenteil, wenn du 100 cm Neuschnee in einer Nacht bekommst,
ist sehr herausfordernd. Zeitdruck spielt auch immer wieder eine Rolle, vor allem wenn wir auf Events hinarbeiten.
Warum machst du diesen Job, was motiviert dich?
Für mich ist es eine Leidenschaft, Snowparks zu bauen. Ich kann meine kreativen Ideen einbringen und umsetzen. Es ist
faszinierend zu sehen, was man mit Schnee und den Maschinen erschaffen kann. Ausserdem motiviert mich unser Park-
Team. In unserem Team haben wir eine Vielzahl von Persönlichkeiten, die eine familiäre und unterstützende Atmosphäre
schaffen. Am Ende des Tages ist es grossartig, einen tollen Park präsentieren zu können und die glücklichen Rider zu
sehen – das macht uns sehr glücklich :)
Kinder und auch Erwachsene, alle lieben Bullys. Kommt es vor, dass da auch mal jemand mitfahren möchte und darf?
Ja, dieses Phänomen existiert definitiv – das war bei mir ja auch so. Es ist jedoch nicht immer einfach, jemanden
mitzunehmen, aufgrund von Sicherheitsbedenken und der ungewöhnlichen Heimfahrt auf Skiern im Dunkeln.
Was machst du im Sommer?
Ich bin ausgebildeter Zimmermann, habe aber in den letzten Jahren verschiedene Jobs gemacht, angefangen als
Zimmermann bis hin zum Baumaschinenführer auf Baggern und Monteur in einer Metallbaufirma in diesem Jahr.
Nebenbei findet man mich im Sommer oft auf dem Mountainbike oder in den Bergen. Und last but not least, warte ich
natürlich sehnsüchtig auf einen schneereichen Winter :)!